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Lieber Herr Kollege Desbois,

es tut mir leid, dass ich erst jetzt auf Ihre mail antworte, doch gab es in den vergangenen Monaten viel Arbeit und darüber habe Ihr sehr bewegtes Schreiben vergessen. Ich hoffe, sie verzeihen mir das.

Inzwischen haben sich in der Welt sehr viel schlimme Dinge ereignet, die die europäischen Probleme vielleicht etwas relativieren und man sieht manches heute in einem etwas anderen Licht.

Wir alle haben damals bedauert, dass die Mehrheit der Franzosen und später der Niederländer per Plebiszit die europäische Verfassung abgelehnt haben. Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass Sie sich für Ihre Landsleute schämen müssen. Einmal weil diese für Europa negative Volksabstimmung auch Ausdruck der Verstimmung der Franzosen gegen die allgemeine Politik von Präsident Chirac war und zum anderen weil viele Menschen einfach überfordert waren, abzuschätzen welche Vor- und Nachteile eine so große Staatengemeinschaft bringt. Hätten wir in Deutschland die Möglichkeit einer Volksabstimmung gehabt, wäre das Ergebnis dieser möglicherweise genauso schlecht ausgefallen. Und sieht man einmal davon ab, dass  z. B. zwischen Frankreich und Deutschland sehr viele nicht nur wirtschaftliche sondern vor allem menschliche und kulturelle Beziehungen schon seit vielen Jahren bestehen, so sind die Bindungen zu vielen der neu hinzugekommenen europäischen Staaten bisher leider nur rein materieller, sprich wirtschaftlicher, Art. Und das alleine ist keine Grundlage für ein optimales Zusammenwachsen Europas. Das Zusammenwachsen geht nicht so schnell, es entwickelt sich nur langsam. Viele Menschen haben ein wenig Angst, mit andern Menschen zusammenzukommen, deren Sprache sie nicht verstehen und deren Kultur ihnen (noch) fremd ist. In den Zeiten hoher Arbeitslosigkeit haben viele Menschen außerdem Angst, dass die neu hinzugekommenen Personen Arbeitsplätze wegnehmen könnten.  Man hätte von Brüssel auf diesem Gebiet viel mehr aufklärende Vorarbeit leisten müssen.

Dietrich Weyrauch